Hin zu einer nachhaltigeren Ernährung: Könnten Mehlwürmer eine Lösung sein? Understand article
Author(s): Luka Bonin, Marko Jeran Translator(s): Simone Heber
Mehlwürmer sind Insekten mit hohem Nährwert und könnten eine Quelle tierischer Proteine sein, die nachhaltiger ist als traditionelle Nutztiere.
Mit einer Weltbevölkerung, die jedes Jahr wächst und voraussichtlich bis 2050 die 10000 Millionen erreichen wird, steigt auch der Bedarf an Nahrungsmitteln, besonders an tierischen Proteinen, ständig an.[1]Aber das meiste Vieh, das traditionell von Menschen konsumiert wird, hat jedoch einen großen Wasser- und CO2-Fußabdruck und benötigt viel landwirtschaftliche Nutzfläche. Die Produktion von Viehfutter hat üblicherweise einen weit größeren Einfluss auf die Umwelt als der direkte Wasser- und Landverbrauch der Tiere, und auch der Verlust von Biodiversität hängt mit dem Gebrauch von Land zur Viehfuttererzeugung zusammen. Daher ist es wichtig, nachhaltigere Alternativen in Betracht zu ziehen, wie zum Beispiel Mehlwürmer. Mehlwürmer (Abbildung 1) sind essbare Insekten reich an hochqualitativen Proteinen, essentiellen Aminosäuren, vorteilhaften Fettsäuren und wertvollen Mikronährstoffen.[2] Mehlwürmer haben auch einen kleineren ökologischen Fußabdruck verglichen mit traditionellem Viehbestand, was sie zu einer ausgezeichneten Option zur nahrhaften und umweltfreundlichen Ergänzung unserer Ernährung macht.[1, 3]
Was genau sind Mehlwürmer?
Mehlwürmer sind überhaupt keine Würmer, sondern die Larven der Mehlkäfer: Schwarzbraune Käfer von ungefähr 13 – 16 mm Körperlänge und einem oval geformten Körper. Die Larven (Mehlwürmer) sind goldgelb gefärbt und können bis zu 25 mm lang werden. Die Käfer durchlaufen einen Entwicklungszyklus ähnlich dem der Schmetterlinge, eine komplette Metamorphose genannt (Abbildung 2), mit vier unterscheidbaren Lebensphasen. Die Käfer kommen ursprünglich aus Eurasien wurden durch den Menschen jedoch auf der ganzen Welt verbreitet.[4] Oft findet man sie als Ungeziefer in gelagerten Nahrungsmitteln.[5]
Mehlwürmer als Nahrung
Insekten (besonders ihre Larven) werden in vielen verschiedenen Kulturen auf der ganzen Welt als alltägliches Nahrungsmittel genutzt, wie zum Beispiel Mopane-Würmer in Zimbabwe, Termiten in Kenia und Grashüpfer in Mexico,[7]] und werden oft als Delikatessen angesehen – nicht nur wegen ihres Geschmacks, sondern auch wegen ihres hohen Nährwerts.[2] Mehlwürmer wurden zunächst als Futtermittel für exotische Tiere eingesetzt, haben aber in den letzten Jahren als nachhaltige Alternative zu derzeitigen Proteinquellen für den menschlichen Verzehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Von allen verfügbaren Spezies hat sich der Mehlkäfer (T. molitor, Abbildung 3) als am geeignetsten für die kommerzielle Zucht erwiesen.[5]
Mehlwürmer haben viele potenzielle Vorteile als Nahrungsquelle. Sie können Nahrungsmittelabfälle effizient in essbares Protein umwandeln und haben einen hohen Nährwert. Außerdem haben sie signifikant niedrigere ökologische Auswirkungen als herkömmliche Viehzucht; sie benötigen viel weniger Wasser und Land, ihre Treibhausgasemissionen sind geringer und sie haben bessere Futter-zu-Protein-Umwandlungsraten verglichen mit Schweinen, Kühen und Geflügel.[3]Mehlwürmer können ein Futterverwertungsverhältnis (feed conversion ratio, FCR: das Gewicht von konsumiertem Futter geteilt durch die Gewichtszunahme des Tieres) von gerade mal 2.2 haben, aber das hängt stark von Futter und Lebensphase ab.[3] Zum Vergleich, der FCR-Wert von Rindern ist erheblich höher, im Durchschnitt bei 8.52.[8] Außerdem werden Mehlwürmer üblicherweise mit Kleie gefüttert, einem Nebenprodukt der Weizenindustrie, und können auch auf anderen organischen Abfällen aufgezogen werden. Mehlwürmer brauchen nicht viel Platz und können deshalb vertikal mit minimalem CO2-Fußabdruck aufgezogen werden, wie bereits von einigen Unternehmen gezeigt wurde.[9]
Wie nahrhaft sind sie wirklich?
Die Versuchung ist groß anzunehmen, dass Mehlwürmer vom Nährwert her rotem Fleisch unterlegen sind, aber tatsächlich sind sie unglaublich nahrhaft. [2, 10–13] Sie enthalten mehr Kalorien und Protein pro 100 g als herkömmliches Fleisch (Abbildung 4 a,b) und sind nicht nur ein proteinreicher Snack sondern auch voll mit Mikronährstoffen (Abbildung 4 c).
Von Mehlwürmern zu Mahlzeiten
Zusätzlich zu Mineralien enthalten Mehlwürmer viele wichtige Fettsäuren, so wie Ölsäure, Palmitinsäure, Linolsäure sowie Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren.[2] Wenn wir Mehlwürmer mit Pflanzenprotein wie Sojabohnen vergleichen, sehen wir, dass Soja ebenfalls eine großartige Quelle für essentielle Nährstoffe ist. Obwohl es auch Umweltprobleme mit Sojabohnen gibt – insbesondere die Umwandlung von Wald und anderen wertvollen Habitaten in Ackerland für den intensiven Anbau von Tierfuttermittel[14] – haben diese einen niedrigeren ökologischen Fußabdruck als tierisches Protein. Ein einfacher Vergleich des Protein- und Fettgehalts mit dem enthalten in tierischen Produkten ist allein jedoch nicht aussagekräftig, da sich die genaue Zusammensetzung von Aminosäuren und Fettsäuren erheblich unterscheidet. Mehlwürmer enthalten alle essentiellen Aminosäuren, obwohl die Verdaulichkeit von Insektenprotein etwas niedriger ist als die von Protein von Wirbeltieren. Wegen ihrer Exoskelette enthalten Mehlwürmer auch unverdauliche Ballaststoffe in Form von Chitin, welches auch in Pilzen vorkommt,[15] und es gibt Hinweise darauf, dass dies gesunde Darmbakterien fördern könnte.[11]
Mehlwürmer sind ein vielseitiges Nahrungsmittel, da sie in fast allem verarbeitet werden können, von Proteinriegeln bis hin zu vollständigen Gerichten. Sie haben einen milden, buttrigen Geschmack und können ganz serviert oder getrocknet und zu Mehl gemahlen werden, welches zu Backwaren hinzugefügt werden kann, um deren Protein- und Kaloriengehalt zu erhöhen. In unserer eigenen Küche haben wir schon leckere Proteinriegel, Pad Thai, Rührei und Kekse mit Mehlwürmern oder Mehlwurmmehl zubereitet (Abbildung 4).
Mehlwürmer als Fleischalternative oder Nahrungsmittelzusatz zu verkaufen ist aufgrund ihres Aussehens dennoch schwierig – viele Menschen ekeln sich vor ihnen. Dieses Problem kann man durch den Gebrauch von Insektenmehl umgehen, wodurch die Mehlwürmer fast unsichtbar werden, wenn sie in einem Gericht verarbeitet werden. Dennoch ist es entscheidend, den dringenden Bedarf an nachhaltigen Lösungen zur Minderung des Umwelteinflusses der traditionellen Fleischherstellung anzuerkennen. Indem wir unsere Perspektive ändern und Vorurteile überwinden, können wir Mehlwürmer und andere Alternativen zu herkömmlichem Fleisch in unsere Ernährung aufnehmen und unseren ökologischen Fußabdruck verringern. Nachhaltigere und mitfühlendere Ernährungssysteme anzunehmen ist grundlegend für das langfristige Wohlergehen des Planeten und kommender Generationen.[11, 16]
Wie sieht es mit ihren Abfällen aus?
Mehlwürmer sind nicht nur Eiweißreich, sondern werden auch für ihre herausragenden Düngefähigkeiten gepriesen. Ihre Ausscheidungen, das sogenannte Fraßmehl (Abbildung 6), sind reich an Stickstoff (N), Kalium (K), Phosphaten (P) und anderen Mikronährstoffen, welche essentiell für das Wachstum von Pflanzen sind und ein idealer organischer Ersatz für mineralische NPK-Dünger, welcher auch noch nachhaltig und mit geringem Einfluss auf den Boden produziert wird.[1]
Fazit
Mehlwürmer haben sich als ein herausragendes Insekt erwiesen, dass uns helfen könnte, den immer größer werdenden Bedarf an tierischem Protein zu decken, gleichzeitig dabei weniger Platz, Wasser und Futter als traditionelles Vieh benötigt und einen ausgezeichneten organischen Dünger als Nebenprodukt produziert. Wenn du also die Chance bekommst, Mehlwürmer zu probieren, vergiss die Vorurteile und finde heraus, was sie zu bieten haben!
Acknowledgements
Die Autoren danken dem Fotografen Maks Sešlar, einem Studenten der Biotechnischen Fakultät der Universität Ljubljana, Slowenien, für seine freundliche Unterstützung und die schönen Fotos. Die Vorbereitung dieses Artikels wäre ohne die Hilfe von Mitgliedern verschiedener Institutionen aus akademischer Forschung und Industrie nicht möglich gewesen. Die Autoren danken herzlich all jenen, deren Arbeit einen wichtigen Beitrag zu diesem Thema geleistet hat und weiterhin leistet.
[10] Mariod A A (2020) Nutrient composition of mealworm (Tenebrio molitor). In Mariod A A (eds) African edible insects as alternative source of food, oil, protein and bioactive components pp 275–280. Springer. ISBN 978-3-030-32952-5
[15] Lenardon M D, Munro C A, Gow N A R (2010) Chitin synthesis and fungal pathogenesis. Current Opinion in Microbiology13: 416–423. doi: 10.1016/j.mib.2010.05.002
[16] Bonin L, Hafner Korošec J, Marko J (2023) Mokarji (Tenebrio molitor) kot trajnostna super hrana prihodnosti. Trdoživ: Bilten slovenskih terenskih biologov in ljubiteljev narave pp 42–43. Botanično društvo Slovenije. ISSN 2232-5999
Resources
Lies einen Artikel der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) über das Potential von essbaren Insekten.
Lies über ein Forschungsprojekt zur Produktion von einer Reihe leckerer Gewürze aus Mehlwürmern und erfahre, wie verschiedene Zubereitungsarten ihren Geschmack ändern.
Lerne etwas über die Fehde zwischen Pflanzen und Pathogenen, die seit Millionen von Jahren andauert: Harant A, Pai H, Cerfonteyn M (2023) Plant pathology: plants can get sick too!Science in School63.
Luka Bonin ist Student der Biotechnischen Fakultät der Universität Ljubljana, Slowenien. Er arbeitet in einer Gruppe junger Wissenschaftler unter der Führung von Marko Jeran am “Jožef Stefan” Institut, Ljubljana, Slowenien. Er gewann bereits nationale Preise für seine Forschung zu den mikrobiellen Eigenschaften natürlicher Materialien.
Marko Jeran arbeitet in der Abteilung für Anorganische Chemie und Technologie, “Jožef Stefan” Institut, Ljubljana, Slowenien. Zu seinen Interessen gehören Umwandlungen in der metallorganischen Chemie, Fluorchemie, Umwandlung von ‘grünen’ Quellen zu nützlichen Materialien und die Chemie natürlicher Stoffe und Produkte. Er beschäftigt sich auch mit der Popularisierung der Naturwissenschaften und leitet Projekte für junge Wissenschaftler.
Review
Die Autoren stellen einen interessanten Fall vor, indem sie Tenebrio als potenzielle Lösung für dringende globale Probleme betrachten. Dieser Artikel befasst sich mit dem ernährungsphysiologischen und ökologischen Nutzen davon, Mehlwürmer in unsere Nahrungsmittelsysteme aufzunehmen, stellt deren ernährungstechnische Vorteile vor und betont ihren hohen Proteingehalt und ihre nachhaltige Produktion; ihr Potential gegen Mangelernährung und Proteinmangel vorzugehen, besonders in Regionen, wo diese Probleme fortdauern.
Des Weiteren adressiert der Artikel den ökologischen Einfluss der Mehlwurmzucht und betont deren Effizient und reduzierten Ressourcenverbrauch im Vergleich zu herkömmlicher Viehhaltung. Das Potential, den Druck auf natürliche Ökosysteme zu verringern, ist ein überzeugendes Argument dafür, Mehlwürmer als alternative Proteinquelle in Erwägung zu ziehen.
Hugo Miguel Ferradeira Pereira de Faria
Biologielehrer, Escola Secundária Augusto Gomes (Matosinhos)/CIIMAR- Universidade do Porto
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