Vom Methional zum Brathuhn Understand article
Übersetzt von Veronika Ebert. Methional stand im Zentrum des letzten Wettbewerbs für „Note by Note“-Kochen. Die Aufgabe war, Gerichte herzustellen, die nur aus Methional und reinen Inhaltsstoffen bestehen, wie z.B. Milchproteinen, Alkohol, Aminosäuren und Geschmacksstoffen. Im Idealfall…
Beim Abgießen des Wassers aus einem Topf mit gekochten Kartoffeln wird Ihnen mit dem Dampf ein unverwechselbarer Geruch nach Erde, mit einem Hauch von Speckaroma, ins Gesicht strömen.
Der Stoff, der dabei auf die Geruchsrezeptoren Ihrer Nase trifft, wird Methional genannt . Er findet sich auch in Spargel, Bier, Cheddarkäse und Tomaten.
Dieses einfache schwefelhältige Derivat der Aminosäure Methionin stand im Mittelpunkt des kürzlich in Paris (Frankreich) abgehaltenen zweiten Wettwerbs für „Note by Note“-Kochenw1. Die Aufgabe war, Gerichte herzustellen, die nur aus Methional und reinen Inhaltsstoffen bestehen, wie z.B. Milchproteinen, Alkohol, Aminosäuren und Geschmacksstoffen. Extrapunkte wurden vergeben, wenn die Gerichte weder pflanzliche Gewebe, noch Fleisch, Fisch oder Eier enthielten.
Der Wettbewerb wurde von Hervé Thisw2, einem physikalischen Chemiker des Nationalen Instituts für Agrarforschung, dem Erfinder des „Note by Note“ Kochens organisiert. Dr. This rief 1988 gemeinsam mit dem späteren Oxford Physiker Nicholas Kurti die wissenschaftliche Disziplin der molekularen Gastronomie ins Leben. Dabei wird das Ziel verfolgt, die dem Kochen, Schmecken und Essen zugrunde liegenden Mechanismen aufzuklären. Zentral dafür sind die Erkenntnisse der Chemie und der Physik.
Diese wissenschaftliche Disziplin brachte eine Generation einfallsreicher Köche hervor, die verschiedenste Laborgeräte, vom Rotationsverdampfer bis zum Wasserbad in die Küche mitnahmen. Flüssiger Stickstoff hielt genauso Einzug in die kulinarische Szene wie unzählige Tricks mit gelierenden Stoffen, die zu weichen Gelperlen mit einem flüssigen Kern voller Geschmacksstoffen verarbeitet wurden.
“Note by Note”-Küche
Obwohl die „Note by Note“-Küche ursprünglich zur Verbesserung von Speisen gedacht war, veränderte sie sich rasch in Richtung des anspruchsvollen Vorhabens, Gerichte ausschließlich aus Einzelkomponenten herzustellen, erklärt Herve´ This. „ Ich möchte nichts nachmachen, der Anspruch der „Note by Note“-Küche ist die Herstellung neuartiger Lebensmittel“. Er vergleicht die Vorgangsweise mit einem Synthesizer, mit dem Musik erzeugt wird. „Genauso wie mit einem Synthesizer jede Art vonMusik erzeugt werden kann, kann mit der „Note by Note“- Küche jede Speise zubereitet werden.“
Dr. This zeichnet das Bild einer Zeit, in der Speisen in unseren Küchen routinemäßig aus Inhaltsstoffen, die sich in Gläsern und Flaschen befinden, hergestellt werden. Er besteht darauf, dass „Note by Note“, die Zukunft ist. „Wenn das von der Öffentlichkeit gewollt und gebraucht wird, wird es so sein.“
Vor allem betrachtet er „Note by Note“ als die Lösung für die Lebensmittelkrise, die durch die Zunahme der Weltbevölkerung unvermeidlich auf uns zukommen wird.
Einer der entscheidenden Vorteile dieser Art zu kochen ist die Verkürzung von Transportwegen. Dr. This erklärt dies am Beispiel der Tomaten: Im frischen Zustand ist die Frucht schwer und wasserreich.
„Warum soll Wasser transportiert werden?“, fragt Dr. This. Stattdessen könnten die Nährstoffe und Geschmacksstoffe am Ernteort extrahiert werden, und später beim Kochen anstelle von Tomaten verwendet werden. Er vergleicht das mit dem Transport von Käse statt Milch, oder von Wein statt Weintrauben.
Dr. This ist glaubt fast mit religiösem Eifer an die „Note by Note“ -Küche, und tourte bereits intensiv durch die Vereinigten Staaten und Europa um seine Botschaft zu verkünden. „Dieser Wettbewerb ist ein Puzzlestück bei der Etablierung des „Note by Note“-Kochens für die Allgemeinheit“, erklärt er. Der Bewerb sei heuer höchst erfolgreich verlaufen.
73 Teilnehmer/innen kämpften um fünf Preise in verschiedenen Kategorien. Der Preis für Studenten/innen ging (für eine neuartige Brathuhnkreationw3) an ein Team von Studenten/innen der molekularen Gastronomie am Dublin Institut für Technologie (Irland). In dieser Kategorie sollte ein Gericht hergestellt weder, das weder besonders außergewöhnlich noch extravagant ist, und an Bekanntes erinnert. Die Kreation bestand aus einer Waffel oder einem Chip aus gebratenem Huhns mit einem Dekor aus Beilagen. Die Studenten/innen stellten aus einer Mischung einer Methionallösung in Öl mit Maltodextrin, Zitronensäure und Salz Kartoffelpulver her, und verwandelten es in ein Schaumgebäck.
Dieses war neben mit Rosmarin gewürztem Kaviar angerichtet, der aus Natriumalginat erzeugt worden ist, und einem gerösteten Karottenchip, der aus einer Mischung pulverisierter Karotten mit Maltodextrin, Zucker, einem Gel und Wasser bestand. Die dabei entstandene Gelschicht wurde entwässert, um knusprig zu werden.
Nächstes Jahr wird der Schwerpunkt des Kongresses auf Pflanzenproteine gelegt werden, erklärt Dr. This. Er meint, dass die Herstellung von Lebensmitteln aus Pflanzen durch den weltweit steigenden Bedarf an Fleisch zunehmend an Bedeutung gewinnen wird.
Dr. This bezeichnet es als Teil der Herausforderung, Unternehmen davon zu überzeugen, Bestandteile wie Methional direkt an Konsumenten zu verkaufen. Methional kann derzeit bereits von Firmen für den industriellen Laborbedarf bezogen werden. Eine davon, Sigma Aldrich, beschreibt Methional als „schmackhaft“ und geeignet, viele pikante Aromen zu ergänzen. Es könne bei Äpfeln, Ananas und Birnen in sehr geringer Menge ein appetitanregendes Aroma, wie es beim Garprozess entsteht, erzeugen.
Wie Methional unser Geschmacksempfinden beeinflusst
Die Geschmackspapillen der Zunge sind nur etwa für ein Fünftel der Geschmackswahrnehmung. Verantwortlich. Der Großteil wird über den Geruch vermittelt. Wenn wir Lebensmittel kauen, pumpt unser Mund flüchtige Stoffe zur Nase, wo sie auf hunderte unterschiedliche Geruchsrezeptoren treffen.
Jeder Rezeptor ist ein speziell für diese Aufgabe hergestelltes Protein, das eine Tasche ausbildet, an die ein Geruchsstoff binden kann. Wenn ein Geruchsstoff einen Rezeptor aktiviert, wird ein elektrisches Signal ausgelöst, das die Information an das Gehirn weiter leitet.
Im Jahr 2004 erhielten Richard Axel and Linda Buckw4 für die Entdeckung der Geruchsrezeptoren und die Organisation des Geruchssystems den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Sie entdeckten eine große Genfamilie mit etwa 1000 Mitgliedern, die für eine ebenso große Zahl verschiedener Geruchsrezeptoren kodiert. Zellen, die für die Wahrnehmung von Geruch zuständig sind, enthalten solche Rezeptoren.
Jede einzelne dieser Zellen enthält nur eine Art von Geruchsrezeptor, und jeder Rezeptor kann nur eine sehr begrenzte Zahl von Gerüchen detektieren. Die Zellen senden das Signal direkt an die als Riechkolben bekannte Gehirnregion, und an andere Bereiche des Gehirns. Dort werden die Signale verschiedener Rezeptoren kombiniert und führen zu einer genau definierten Geruchsempfindung.
Gordon Shepherd, ein Neurowissenschaftler an der Yale School of Medicine (USA) beschäftigt sich seit den 1960er-Jahren mit dem Riechkolben. Er nennt die Art und Weise, wie das Gehirn Gerüche wahrnimmt, „Neurogastronomie“. „Ein Großteil der Energie unseres Gehirns wird laufend dafür verwendet, Geruchsempfindungen und alle damit verbundenen Empfindungen wie z.B. Erinnerungen, Emotionen und die damit verbundene Sprache zu kreieren“, erklärt er. Er arbeitet an „Geruchsbildern“ im Gehirn, die in den für die Wahrnehmung zuständigen höchsten Gehirnregionen verarbeitet werden.
“Je besser wir verstehen, wie unser Gehirn Geruchsempfindungen konstruiert, umso besser wird es uns gelingen Menschen zu gesunden Diäten zu ermutigen ”, erläutert Shepard.
Web References
- w1 – Weitere informationen zum 2nd International Contest for Note by Note Cooking in Paris in Frankreich.
- w2 – Hervé This stellt die Ergebnisse seiner Arbeit und alle möglichen Informationen im Zusammenhang mit der molekularen Gastronomie in seinem Blog zur Verfügung, darunter Materialien für Lehrkräfte, und fertige Stundenpläne. Er hat noch weitere Blogs mit Informationen zum Thema:
- w3 – Der Artikel aus dem New Scientist liefert gute Erklärungen für das “Note by Note”-Kochen und stellt Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs vor.
- w4 – Nähere Informationen zum Nobelpreis von Richard Axel and Linda Buck.
Resources
- Weitere Informationen zum AgroParisTech’s International Centre for Molecular Gastronomy das im Juni 2014 eröffnet worden ist. Hervé This fungiert als Direktor.
Review
Geruchswahrnehmungen spielen für unser Erinnerungsvermögen eine große Rolle und sind sehr eng mit Erfahrungen verbunden. Dafür sind Geruchsrezeptoren verantwortlich. Dieser Gedanke liegt der Idee zugrunde, Lebensmittel herzustellen, die gastronomische Erlebnisse vermitteln, ohne tierische und menschliche Proteine einzusetzen. Der Artikel eignet sich, um über den weltweiten Nahrungsmangel und über Alternativprodukte zu diskutieren. Wie können Nahrungsmittelhersteller garantieren, dass Ernährungsrichtlinien eingehalten werden? Schülerinnen und Schüler könnten Lebensmittelverpackungen untersuchen, und die wichtigsten Inhaltsstoffe, die für bestimmte Aromen verantwortlich sind, eruieren. Sie könnten versuchen, herauszufinden, wie Aromastoffe für Lebensmittel hergestellt werden. Wie werden z.B. die Aromen für Kartoffelchips erzeugt? Die Ideen der molekularen Gastronomie könnten diskutiert werden, weil manche Küchenchefs bereits wissenschaftliche Techniken verwenden, um Fortschritte bei der Zubereitung und Präsentation von Speisen zu erzielen.
Dr Shelley Goodman, Vereinigtes Königreich