Kohlenwasserstoffe: Ein Fossil – aber noch nicht ausgestorben Understand article

Übersetzt von Thomas Auer. In der Fortsetzung unserer Energie-Reihe stellt uns Menno van Dijk die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Kohlenwasserstoffe, die immer noch den am weitesten verbreiteten Brennstoff ausmachen, vor.

Detailaufnahme eines
Moosteppichs (Mnium
hornum
); die Teile der
Pflanze die Lichtenergie in
Form von molekularem
Treibstoff (Chloroplasten)
speichern sind deutlich zu
erkennen

Mit freundlicher Genehmigung
von Kristian Peters und Hans
Ferdinand Maßmann;
Bildquelle: Wikimedia
Commons.

Während Forscher heute an der Entwicklung sauberer und erneuerbarer Energien arbeiten, ist unsere Gesellschaft immer noch zu großen Teilen von fossilen Brennstoffen abhängig. Aber wie werden diese hergestellt, wie groß sind die Reserven und wie lange werden diese noch zur Verfügung stehen?

Vor hunderten von Millionen Jahren war die Erde eine Wildnis aber nicht ohne Leben. Eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren bevölkerte die Landmasse. Die Meere waren voller Leben und wie heute machten Mikroorganismen den größten Teil der Biomasse unseres Planeten aus. Sie alle gewannen die Energie für ihren Stoffwechsel direkt oder indirekt aus dem Sonnenlicht.

Aufbewahrung in Vorratsspeichern

Seit damals haben sich die Kontinente auseinanderbewegt wobei einige Landstriche im Meer versunken – andere aus der Tiefe aufgetaucht sind. Wind, Eis und Regen erudieren das Land was große Mengen and Sedimenten erzeugt, die sich vor allem in Flussdeltas ansammeln. Einige Sedimente sind porös (wie zum Beispiel Sand oder die Skelette Kalkschalen produzierender Kleinstlebenwesen), andere undurchlässig (wie zum Beispiel Lehm). Auch organisches Material wurde begraben und durch die vertikale Bewegung der Landmassen konnte es einige Kilometer unter die Oberfläche gelangen. Dort wurde es durch die Hitze des Erdinneren erwärmt.

Die hohen Temperaturen und der hohe Druck in dieser Tiefe sorgten dafür, dass das organische Material abgebaut und in eine Flüssigkeit mit verschiedensten chemischen Bestandteilen umgewandelt wurde: Flüchtige Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan, kurze und lange parrafine Moleküle, Aromaten und hochkomplexe und riesige polyzyklische Strukturen. Da sie alle vorwiegend aus Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) aufgebaut sind, werden sie allgemein als “Kohlenwasserstoffe” bezeichnet.

Diese Flüssigkeit, größtenteils zusammen mit ebenfalls eingeschlossenem Wasser, bahnte sich seinen Weg durch poröse Gesteinsschichten nach oben bis sie schließlich in einigen Fällen von einer undurchlässigen Sedimentschicht gestoppt wurde. Wo auch immer durch Brüche und Verwerfungen im Gestein Hohlräume entstanden sind, konnte sich die Flüssigkeit sammeln und verblieb dort friedlich vor sich hin schlummernd.

Eine Hochsee-Bohranlage
Mit freundlicher Genehmigung
von Mayuni Terao /
iStockphoto

Da kein Sauerstoff zur Verfügung stand wurde die Sonnenenergie, die in Form chemischer Energie in den Molekülen gespeichert worden war nicht verbrannt (oxygeniert) sondern blieb über Jahr Million erhalten. In einigen Fällen bildete sich eine zusätzliche Gasphase oberhalb des Öls und gelegentlich, wenn nur sehr kleine Kohlenwasserstoffe ihren Weg in einen Hohlraum fanden eine Gasblase. Es ist zu berücksichtigen, dass solch eine Gasblase genau wie ein Ölreservoir im porösen Gestein eingeschlossen ist, wobei die Poren mit Öl und/oder Gas und/oder Wasser gefüllt sein können.

Auch auf dem Festland wurde organisches Material wie Bäume und Pflanzen in Gesteinsschichten eingelagert. Unter günstigen Bedingungen wurden sie schnell von Sediment bedeckt und so vom Sauerstoff abgeschlossen. Daher konnten sie nicht verroten und wurden so in dicke Schichten von Kohle transformiert. In manchen Fällen kamen die Kohlenwasserstoffe mit Bakterien in Kontakt, die zum Abbau bestimmter Verbindungen beitrugen und so die Zusammensetzung der Mischung veränderten. Alles in allem hat somit jedes Reservoir seine spezifischen Merkmale was Umfang und Zusammensetzung der Kohlenwasserstoffe angeht.

Der Energiehunger der modernen Welt

Die wichtigsten
Ölproduzenten und
–konsumenten weltweit (in
tausend Barrel pro Tag). Zum
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klicken

Mit freundlicher Genehmigung
von Vienna Leigh

Mit der Zeit haben wir Menschen einen enormen Energiehunger entwickelt. Zu Beginn wurde dieser durch die Verwendung von Feuerholz gestillt. Als das Wachstum des Holzes nicht mehr Schritt halten konnte mit dem gesteigerten Bedarf an Energie, fingen wir an nach Millionen Jahre altem Feuerholz in Kohleminen zu graben. Aber die feste Form der Kohle war umständlich, gefährlich abzubauen und ökonomisch nicht sehr effizient. Schließlich wurden Ölvorkommen entdeckt. Während der Gebrauch von Öl bis in die Prähistorie zurückreicht, wurde die erste moderne Ölbohrung in den Vereinigten Staaten am 27. August 1859 von Edwin Drake in Pennsylvania durchgeführt.  Später wurden vor allem im Mittleren Osten Bohrungen durchgeführt wo enorme Vorkommen an leicht abbaubaren Öl unter dem Wüstensand entdeckt worden waren.

Die Erfindung des Verbrennungsmotors verursachte eine Explosion in der Nachfrage nach Öl. Diese stieg so dramatisch, dass ein Ende der Vorkommen nahe schien. Der Club of Rome, ein globales Konsortium für politische Fragen, sprach die Warnung aus, dass die Menschheit in Kürze ans Ende ihrer Energieresourcen stoßen würde. Daraufhin wurde begonnen in weniger zugänglichen Gegenden nach Öl zu suchen und führte zu der Entdeckung weiterer Vorkommen unter Wasser: in der Nordsee, im Golf von Mexiko, im Nigerdelta in Nigeria. Angetrieben vom hohen Ölpreis wurden Technologien entwickelt um Öl aus immer größeren Tiefen zu fördern. Zusätzlich geriet natürlich vorkommendes Gas in den Focus der Aufmerksamkeit. Ursprünglich wurde austretendes Gas bei einer Bohrung als unwillkommenes Übel angesehen. Zwar konnte man es gelegentlich vor Ort nutzen aber wegen der hohen Kosten war an einen Transport nicht zu denken. Auch hier trugen technische Neuerungen zu einem Umdenken bei.

Flüssiggas

Der Brent Alpha Bohrturm in
der Nordsee

Mit freundlicher Genehmigung
der Shell Image Library

Bei der Flüssiggas-Technologie wird natürlich vorkommendes Gas bis zu einem Sechshundertstel seines Volumens komprimiert und so über weite Strecken transportierbar gemacht. Vor kurzem wurde es auch möglich Gas im großtechnischen Massstab chemisch in schwerere (flüssige) Kohlenwasserstoffe wie Benzin oder Diesel umzuwandeln (GtL, gas to liquid). So konnten riesige Gasvorkommen nutzbar gemacht werden um den Energiehunger der Welt zu stillen (im Persischen Golf zum Beispiel gibt es ein Reservior welches die zehnfache Kapazität von Slochtern in den Niederlanden, dem größten europäischen Gasfeld mit geschätzten 1.5 × 1012 m3; besitzt; auch Russland verfügt über umfassende Gasreserven).

All dies wurde durch die Entwicklung neuester Hochtechnologien möglich. Die erste Ölquelle von Shell in Malaysia, in Miri, war nur 140 m tief und wurde 1910 mit Hilfe einer Technik gebohrt, die von den Chinesen seit Jahrhunderten zur Salzbohrung verwendet worden war. In den 60 Jahren seiner Laufzeit wurden 100 000 m3 von einem Pumpwerk gefördert.

Heutzutage wird Öl aus bis zu 2,5 km unter dem Meerespiegel liegenden Quellen, 6 km unter dem Meeresgrund gefördert. Dies erfordert das punktgenaue Bohren eines 6 km langen, 50 cm breiten Loches von einer mehere Kilometer entfernt oberhalb des Meerespiegel liegenden Bohrplattform aus. Danach muss auf dem Meeresboden eine Unterwasserquellkopf genannte Konstruktion auf der Quelle plaziert werden, von wo aus das Öl an eine manchmal meherer Kilometer entfernte Produktionsplattform weitergeleitet werden kann. Diese ist nicht mit der Bohrplattform zu verwechseln, welche lediglich für das Bohren und Anschließen der Quelle benutzt wird. Die Produktionsplattform hingegen enhält die für die Verarbeitung nötige Ausrüstung.

Beim Transport von der Quelle zur Plattform können eine Vielzahl von Problemen auftreten, die es zu erkennen und zu meistern gilt. Neben KnowHow und Technologie erfordert dies eine Menge Geld und diese Art der Ölförderung kann nur bei enormen Fördermengen pro Tag rentabel betrieben werden: Vor der Küste von Malaysia wurde vor Kurzem ein neues Ölfeld entdeckt, welches in vier Tagen dieselbe Fördermenge erreichen wird wie die ersten Quelle in Miri in 60 Tagen: 650 000 Barrel Öl, etwa 100 000 m3.

Fakten über Kohlenwasserstoffe

Geschätzter R/P-Wert: bis zu 93 Jahre

Kosten pro kWh: Diese schwanken enorm je nach Quelle. Die Produktionskosten reichen von einer handvoll Dollar pro Barrel für leicht zugängliches Öl in Saudi-Arabien bis zu mehrern Dutzend Dollar für schwerer zugängliches Öl andernorts.

Risiken: Umweltverschmutung durch/während des Transports und der Herstellung; CO2 Entstehung bei Verbrauch.

Geschätzte Entwicklungszeit: Solange diese Treibstoffe existieren werden wird es auch Forschung in diesem Bereich geben. Diese zielt zum Einen darauf ab die Treibstoffe billiger, sauberer und effizienter zu machen; zum Anderen größere Anteile an Öl aus den Quellen zu extrahieren (z. B. durch verbesserte Fördermethoden) und auch kleine Quellen ökonomisch rentable zu nutzen.

Wie geht es weiter?

Eine Sache ist klar: All das Öl und Gas das bisher gefördert wurde ist für immer verloren. Die Vorkommen in Slochteren neigen sich dem Ende zu und auch die Reserven in den berühmten Nordsee-Feldern gehen zur Neige. Selbst im Golf von Mexiko, der wichtigsten Ölquelle des energiehungrigsten Landes der Welt – der USA – werden die neu entdeckten Vorkommen immer geringer. Wird die Öl- und Gaswirtschaft bald einen langsamen oder doch schnellen Tod sterben? Letztendlich sind die Vorräte mit Sicherheit beschränkt – doch hat die Kohlenwasserstoffindustrie noch ein paar Asse im Ärmel.

Verbesserte Ausbeute bei der Ölgewinnung

Abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten wird etwa ein Drittel des zur Verfügung stehenden Öls eines Feldes tatsächlich gefördert. Der Rest bleibt in den Poren des Gesteins zurück. Durch den Einsatz neuer Technologien kann dennoch einiges getan werden um effektiver zu arbeiten: angefangen vom einfachen Einpumpen von Wasser um das Öl aus den Reservoirs zu pressen bis hin zum Einführen von Oberflächenbeschichtungen und Polymeren um Einiges des Öls von den Felsen zu lösen. Dank des hohen Ölpreises werden diese verbesserten Abbaumethoden immer interessanter.

Schweröle und Ölsand

Weiterhin gibt es Vorkommen, die sehr schweres und damit viskoses Öl enthalten. Bisher wurden diese nicht ökonomisch genutzt aber auch hier kann technischer Fortschritt Neuerungen bringen. Dies ist allerdings nicht einfach, erfordert groß angelegte Investitionen und Generierung des nötigen KnowHows.

Eine Handvoll des schwarzen,
ölreichen Sandes gewonnen
in Fort McMurray, Alberta,
Canada

Mit freundlicher Genehmigung
von Rob Belknap / iStockphoto

Superschweres Öl kommt immer noch im Überfluss vor. In Ölsand und Ölschiefer liegen weitere Kohlenwasserstoffreserven verborgen – ein Vielfaches der Menge an “leichtem” Öl. In Kanada werden täglich 200 000 m3 Öl aus freigelegtem Teersand gewonnen. Dies ist ein kostenintensiver und schwieriger Prozess, selbst wenn es nur die extrem tiefen Temperaturen, die in dieser Region vorherrschen betrifft. Außerdem verschlingt die Herstellung nützlichen Flüssigöls aus Ölsand einiges an Energie und ist deshalb wenig effizient. Für die tiefer gelegenen Lagerstätten (80% der Gesamtmenge) gibt es bisher keine Abbaumethode.

Kohle

Kohlereserven gibt es immer noch im Überfluss. In den letzten Jahren stellte die Kohle die am schnellsten wachsende Energiequelle dar. Dies liegt vor allem am Wirtschaftswachstum und dem damit einhergehenden wachsenden Energiebedarf in China, was selbst nur über begrenzte Öl- und Gasreserven aber große Kohlevorkommen verfügt. China verbraucht etwa 40% der globalen Kohleproduktion. Aber dies hat seinen Preis: der Tod von Dutzenden Minenarbeitern pro Tag und riesige Umweltverschmutzungen (durch unter anderem sauren Regen) werden durch das Verbrennen von Kohle verursacht. Mit modernen Verfahren (so wie der Transformation von Kohle zu Gas) ist es möglich aus Kohle Energie mit weniger Schäden für die Umwelt herzustellen. Und mit mehr Geld und weniger Hast kann auch die Sicherheitslage in den Bergwerken verbessert werden.

Gashydrate

Methan, ob bakteriellen oder fossilen Ursprungs, das am Meeresboden freigesetzt wird kann eine Form annehmen, die unter dem Namen Gashydrat bekannt ist. Dabei handelt es sich um eine Art Eis, welches auf Grund des (unter hohem Druck) eingeschlossenen Methans eine höhere Schmelztemperatur besitzt. Sehr wahrscheinlich sind enorme Mengen an Methan in dieser Form in großen Gashydrat-Feldern am Grund des Meeres gelagert, einschließlich der Ostküste der Vereinigten Staaten. Die Gesamtenergiemenge dieser Felder weltweit übersteigt wohl die sämtlicher fossiler Brennstoffe zusammengenommen. Wie auch immer – bisher hat man hat nicht die geringste Ahnung wie diese Reserven (auf sicherem Wege) angezapft werden könnten.
Für einen Science-Fiction Ausblick was passieren könnte, sollten diese Felder destabilisiert werden siehe Schätzing (2004).

Reserven und Verarbeitung

Weite Bereiche der Erde wurden bereits auf Öl- und Gasvorkommen hin untersucht. Dabei wurden die meisten kohlenwasserstoffreichen Regionen entdeckt: Dies sind die bekannten Öl- und Gasfelder einschließlich unserer Nordsee. Innerhalb dieser Felder werden stehts weitere Vorkommen entdeckt doch die wirklich großen sind bereits bekannt und es wird immer schwieriger und kostenintensiver die neuen Vorkommen anzuzapfen. Untenstehende Tabelle gibt einen Überblick über die aktuelle bekannten Fördergebiete. Diesen Zahlen haftet eine gewisse Unsicherheit sowohl von technischer Seite (die Größe eines Vorkommens abzuschätzen ist sehr schwierig) als auch von politischer Seite (Länder und Unternehmen vertreten unterschiedlichste Interessen um Felder größer oder kleiner erscheinen zu lassen) an.

 

  Reserven Jahresproduktion  
  m3 Joules m3 Joules  
Crude oil 1.9 x 1011 6.8 x 1021 4.7 x 109 1.7 x 1020 41
Natural gas 1.8 x 1014 6.4 x 1021 2.7 x 1012 9.6 x 1019 67
Coal 8.0 x 1017 2.9 x 1015 6.1 x 1019 277
TOTAL   3.0 x 1022 2.9 x 1015 3.3 x 1020 93

Weltweit bestätigte Reserven und Jahresproduktion an Kohlenwasserstoffen bezüglich Volumen (m3 Gas unter Standardbedingungen von 1 bar, 15 °C) und in Bezug auf Energiegehalt. R/P ist das Verhältnis von Reserven zu Jahresproduktion. Damit werden bei gleichbleibendem Verbrauch und Produktion die Jahre angebeben, solange die Reserven noch ausreichen
Datenquelle: BP statistical review (www.bp.com)

Laut dieser Tabelle hätten wir bei aktuellem Verbrauch immer noch genug fossile Energieträger für die nächsten 93 Jahre, sollten wir diese komplett aufbrauchen. Das hört sich aus verschiedenen Gründen beruhigender an, als es ist:

  • Die Zahl 93 ist mit einer großen Unsicherheit belastet. Es bedeutet nicht dass nach 93 Jahren des Energieverschwendens plötzlich keine Vorräte mehr zur Verfügung stehen – wir spüren jetzt schon die Effekte weniger werdender fossiler Brennstoffe.
  • Die Förderung schwerer Öle erfordert auch mehr Energie und deshalb steht netto weniger Energie zur Verfügung als duch “leichte” Öle.
  • Wenn der Energieverbrauch ansteigt und damit auch die Fördermenge, so nimmt die Anzahl der Jahre die wir die Reserven nutzen können ab (R/P).
  • Neue Projekte die auf die Nutzbarmachung neuer Felder abzielen erfordern große Investitionenen und benötigen lange Zeit von der Planung bis zur letztendlichen Umsetzung. Eine einfache Ölpumpe kostet etwa 1 Million Euro, eine Tiefseepumpe über 100 Millionen Euro. Eine kleine Produktionsplattform eine Milliarde Euro. Beim Athabasca Ölsandprojekt in Kanada wurden bereits 45 Milliarden Dollar investiert mit noch ausstehenden 50 Milliarden Dollar bis 2012. Von der Entdeckung eines Vorkommens bis zur ersten Produktion können leicht acht Jahre vergehen. Damit müssen Teilhaber und Politiker Zeit und Geld zur Verfügung stellen – jedoch legen sie generell wenig Geduld an den Tag. Gibt es also keinen kurzfristigen Grund für Investitionen, so steuern wir langfristig auf Energieknappheit zu.
  • An vielen Standorten spielen auch unvorhersehbare politische Komplikationen eine Rolle. Dies kann soweit gehen, dass der Zugriff auf die Vorkommen nicht möglich ist.

Es gibt viele Faktoren, die beim Auffinden und Herstellen fossiler Brennstoffe eine Rolle spielen. Die wichtigsten sind, dass die Menge an Kohlenwasserstoffen endlich ist und dass nachgewiesene Quellen nicht als Vorratsspeicher anzusehen sind, die jederzeit geöffnet werden können: Viel Geld und Zeit muss investiert werden bevor sie genutzt werden können. Es ist vorhersehbar, dass ein Produktionsproblem aufteten wird noch bevor es Probleme aus Mangel an Reserven geben wird.

Der Hubbert Peak

Abbildung aus der
Originalpublikation von
Hubbert 1956. Zum
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Bild aus einer öffentlichen
Domain; Bildquelle: Wikimedia
Commons.

Basierend auf der Analyse von Entdeckungszyklen, Weiterentwicklung, Entwicklung in Infrastruktur, weiteren Entdeckungen und dem langsamen Knapperwerden der Reserven entwickelte Marion King Hubbert, Geowissenschaftler am Shell Forschungslabor in Houston, Texas, eine Methode, die erfolgreich den Höchststand der Ölproduktion am amerikanischen Kontinent 1970 voraussagte. Er machte diese Vorraussage 1956. Seine Theorie kann sowohl auf ein einzelnes Ölfeld, ein ganzes Land oder aber weltweit angewendet werden. Im Bezug auf unseren Planeten sollten wir den Produktionshöchststand genau jetzt erreicht haben. Wenn das stimmt, so haben wir bereits das Maximum an Pro-Kopf-Produktion an Öl überschritten.

Zum Abschluss sollte noch erwähnt werden, dass Kohlenwasserstoffe nicht nur zur Energiegewinnung genutzt werden. Etwa ein Zehntel wird in der (petro)chemischen Industrie zur Herstellung einer breiten Palette an Produkten verwendet: von Plastik über Lösungsmittel hin zu Medikamenten und Waschmitteln. Genauso wie Energie spielen diese eine essentielle Rolle in unserem Leben. Kurz gefasst, glücklicherweise gibt es immer noch fossile Brennstoffe aber was den R/P Quotienten betrifft so sollten wir nicht an “einigermaßen problemfrei” sondern lieber an “nur eine Atempause” denken.

Tanker und Pipelines

Hand in Hand mit der Ölindustrie hat sich auch die Technologie des Öltransports weiterentwickelt. Stückgutfrachtschiffe und –barken wurden ursprünglich dazu verwendet Öl in Holzfässern zu transportieren. Aber diese Fässe waren schwer, undicht und teuer – sie waren für etwa die Hälfte der Kosten der Petroleumproduktion verantwortlich. 1876 gründeten Ludvig u Robert Nobel, Brüder von Alfred Nobel, Branobel, eines der größten Ölunternehmen weltweit im späten 19ten Jahrhundert in Baku, Aserbaidschan. Sie leisteten Pionierarbeit auf dem Feld des Tankerbaus aber erlebten auch einige der ersten Tankerunglücke. Heutige Supertanker sind bis zu 400 m lang mit einer Kapazität bis zu 500 000 DWT (deadweight tonnage, eine Mengenangabe wieviel Gewicht ein Lastschiff sicher transportieren kann). Sie können bis zu zwei Millionen Barrel Öl transportieren was dem Tagesverbrauchs Frankreichs im Jahr 2007 entspricht.

Ein neuer Tanker mit 250 000 – 280 000 DWT kostete 2005 116 Millionen US Dollar – aber Öltanker werden oft gebraucht verkauft. 2007 zählte die CIA Statistik 4295 Öltanker mit mindestens 1000 DWT weltweit: dies entspricht etwa 37% der Weltflotte in Bezug auf DWT. Im Jahr 2005 wurden 2,42 Milliarden Tonnen Öl mit Tankern transportiert: 76,7 % davon Rohöl, der Rest weiterverarbeitete Petroleumprodukte. Mit Ausnahme der Pipelines stellen Tanker heute die kosteneffizienteste Transportform für Öl dar.

Allein wegen der enormen Menge an Öl, welches transportiert wird, stellen Öltanker eine Bedrohung für die Umwelt dar und Ölteppiche können zu Teil verheerende Auswirkungen nach sich ziehen. Rohöl enthält polyzyklische Kohlenwasserstoffe die sehr schwer zu reinigen sind und sich für Jahre in Sedimenten und der marinen Umgebung festsetzen. Marine Spezies die ihnen konstant ausgesetzt sind, können Probleme während der Entwicklung, erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten und abnormale Reproduktionszyklen aufweisen. Die International Tanker Owners Pollution Federation hat 9351 ungewollte Verschmutzungen zwischen 1974 und 2008 registriert. Die meisten Ölteppiche werden bei Routinearbeiten wie Aufnehmen und Löschen von Ladung sowie Auftanken freigesetzt. Während mehr als 90% dieser Ölteppiche nur sehr klein sind und aus weniger als sieben Tonnen besehen so können bei Unfällen wie Kollisionen, Auflaufen auf Untergrund, Lecks und Explosionen in 84% der Fälle mehr als 700 Tonnen freigesetzt werden.

Moderne Pipelines gibt es seit 1860 und heute umspannen sie die Welt in einem wachsenden Netzwerk mit mehreren Millionen Kilometern Länge. Dabei stellen Russland und der Rest von Europa jeweils etwa 250 000 km Gas- und Ölpipelines (70% davon Gas). Generell stellen Pipelines den ökonomischsten Weg dar Öl oder natürliches Gas in großem Unfang über Land zu transportieren. Ölpipelines werden aus Stahl oder Plastikröhren mit einem inneren Durchmesser von 10-120 cm gefertigt und typischerweise in ein bis zwei Metern Tiefe eingelassen. Der Ölfluss von 1-6 m/s wird durch Pumpstationen entlang der Pipeline sichergestellt. Multiprodukt Pipelines werden benutzt um zwei oder mehr verschiedene Produkte nacheinander der derselben Pipeline zu transportieren. Normalerweiße gibt es keine physikalische Trennung der verschiedenen Produkte was zum teilweisen Vermischen der Komponente führt. Am Ziel angekommen wird die vermischte Zwischenschicht dann entfernt. Für Gas werden die Pipelines aus Karbon-Stahl gefertigt und besitzen je nach Typ der Pipeline 5-150 cm Durchmesser. In speziellen Kompressorstationen wird das Gas zusammengepresst und ist geruchlos solange bis es je nach Vorschrift mit Mercaptan versetzt wird.

Gas- und Ölpipelines sind nicht nur eine bloßes Transportmittel: sie sind eng mit geopolitischen Entscheidungen und Fragen der internationalen Sicherheit verknüpft. Ihr Bau, Verlauf und die Kontrolle über deren Betrieb spielen eine wichtige Rolle in Staatsinteressen und –entscheidungen. Pipelines durchqueren oft erdbebengefährdete Gebiete, Kriegschauplätze, Naturschutzgebiete oder verlaufen am Meeresgrund. Da sie entzündliches oder explosives Material enthalten werfen sie besondere Sicherheitsbedenken auf wobei Pipelinebrüche und tödliche Explosionen die häufigsten Unfälle darstellen.

Acknowledgments

The article was originally published in Dutch:

van Dijk M (2007) Koolwaterstoffen: fossiel maar (nog) niet uitgestorven. Nederlands Tijdschrift voor Naturkunde 73 (7): 206-209

and has been republished online at www.kennislink.nl. It has been translated and adapted for Science in School with the help of Roland van Kerschaver, Jos de Graaf and Salvatore Accardi.


References

  • Schätzing F (2004) Der Schwarm. Kiepenheuer & Witsch (Koeln, Deutschland): ISBN-13 978-3462033748

Author(s)

Menno van Dijk arbeitet am Technischen Zentrum von Shell in Amsterdam, Niederlande, in der Abteilung für Versorungssicherheit. Dieser Artikel wurde unabhängig von seiner Arbeit auf eigene Verantwortung verfasst.

Review

Mag die Technologie auch urzeitlich erscheinen so spielt das Verbrennen fossiler Energieträger auch weiterhin eine fundamentale und immer teuerer werdende Rolle in unserem modernen Lebensstil; nicht nur wegen der schnellen Industrialisierung der bevölkerungsreichsten Länder der Erde.

Neben der Pharmaindustrie ist Öl ein riesiges Geschäft mit massivem Einsatz technischer Neuerungen. Van Dijk´s Artikel kann Lehrern naturwissenschaftlicher Fächer den Einstieg in die Diskussion folgender Fragestellungen erleichtern. Die Schüler könnten sich unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit Gedanken darüber machen wie auch schon heute relative unzugängliche Kohlenwasserstoffreserven nutzbar gemacht werden könnten. Wieviel müsste ein Barrel Öl kosten damit das Anzapfen der “superschweren” Reserven den nötigen Aufwand wert ware? Außerdem könnten sich die Schüler damit beschäftigen, wie die Verteilung von Kohlenwasserstoffreserven über den Globus internationale Beziehungen beeinflusst hat – sowohl unter strategischen als auch unter ökonomischen Gesichtspunkten.

Und während sich die meisten Schüler dessen bewusst sind, dass diese Resource nicht erneuerbar ist, so ist die Tatsache dass ein Zehntel nicht als Treibstoff genutzt wird weitgehend unbekannt. Welche Argumente können die Schüler finden, die den Gebrauch von fossilen Treibstoffen reduzieren um die Versorgung mit “Plastik, Lösungsmitteln, Medikamenten und Detergenzien” sicher zu stellen. Die Energiefrage wird eine Vielzahl an Antworten benötigen und die Schüler von heute werden vielleicht einige der Lösungsansätze mitentwickeln – genauso wie sie sich auf ein Leben mit geringerem Kohlenwasserstoffverbrauch in der Zukunft einstellen müssen.

Ian Francis, Großbritannien

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