Supporting materials
Download
Download this article as a PDF
Übersetzt von Marlene Rau. Graham Gardner von der Inter-Community School in Zürich beschreibt wie ein Versuch, seine Schüler für chemische Trennverfahren zu interessieren, sich zu einem ausgewachsenen interdisziplinären Kriminalfall entwickelt hat.
Ich hatte bereits einige Jahre lang eine Einheit zum Thema chemische Trennverfahren in meiner 8. Klasse (14jährige Schüler) unterrichtet, und festgestellt, dass dies einer der mühsamsten Abschnitte des Chemieunterrichts für diese Schüler war. Die Einheit führte sie in eine Reihe von Techniken ein – von der offensichtlichen und einfachen Methode der Filtration bis hin zur abstrakteren und komplizierteren Technik der Chromatographie. Die häufigste Frage, die die Schüler bei dieser Einheit stellten, war: „Wofür ist das alles gut?“
Also habe ich bei einer besonders schwierigen Gruppe von Schülern eine praktische Testsituation eingeführt, bei der Proben von vier Verdächtigen in einem Kriminalfall genommen wurden. Die Schüler bekamen voranalysierte Proben vom Tatort, die sie dann mit ihren eigenen Analysen von jedem Verdächtigen abgleichen mußten. Aus den zwei Schulstunden, die ich dafür vorgesehen hatte, wurden schnell vier. Die Schüler kamen alle lange vor Unterrichtsbeginn und schon mit Laborkitteln und Schutzbrillen (üblicherweise muß ich die Anweisung, diese anzuziehen, mehrfach wiederholen) in die Klasse. Am Ende jeder Stunde mußte ich sie sogar noch hinauswerfen, um meine nächste Klasse hereinzulassen. Sie wollten mehr Zeit – sie baten mich sogar, in den Pausen und mittags arbeiten zu dürfen! Sie waren eine meiner am wenigsten motivierten Klassen gewesen und nun fragten meine Kollegen, was ich getan hatte, um sie zu solchem Arbeitseifer zu bewegen – hatte ich sie bestraft oder ihnen gedroht? Einer der motivierendsten Aspekte für die Schüler war die Abschlussbesprechung ihrer Ergebnisse, üblicherweise eine langweilige schriftliche Angelegenheit. Es wurde ein Gerichtsdrama, und die Schüler wurden zu fachkundigen Zeugen und Anwälten, die sich ins Kreuzverhör nehmen mußten (und dabei ihre natürliche Tendenz zur Streitlust ausnutzen konnten).
Im nächsten Jahr wurde die Aktivität zu einer Ganztagesaktivität ausgedehnt. Zu dieser Zeit war es immer noch eine Chemieaktivität, aber da der Stundenplan für diesen Tag aufgehoben wurde, waren auch andere Fachlehrer beteiligt. Sie erkannten bald das Potential der Aktivität zum Einbeziehen vieler anderer Fächer. Ab diesem Punkt wurde es eine feste interdisziplinäre Aktivität im Schuljahr.
Die Schüler wissen vorher nicht, wann der Kriminalfall stattfinden wird, aber sie erwarten es alle gespannt, da sie von den Vorjahresgruppen darüber gehört haben.
In den acht Jahren, die der Krimi stattfand, hatten wir stets Input von den Englischlehrern, die dann den Kriminalromans als Literaturgattung durchnahmen; in einem Jahr fuhren die Schüler zum Giessbachfall, um zu sehen, wo Sherlock Holmes sein Ende fand. Ich habe selbst Shakespeares Macbeth irgendwie unterbringen können.
Üblicherweise spielen vier Lehrer die Rolle der Verdächtigen (mit Fahndungsfotos), die von den Schülern befragt werden müssen. Alle Schüler lernen deutsch, da sich die Schule in Zürich befindet, also haben wir einen Verdächtigen, der nur Fragen auf Deutsch beantwortet.
Manchmal bauen wir einen Verdächtigen ein, der nur französisch spricht, da dies auch eine Sprache ist, die in unserem Lehrplan angeboten wird. In einem Jahr hatten wir einen Kriminalfall, in dem es um den Diebstahl eines 2 Millionen Dollar teuren Kristalls ging, der in der Schulbibliothek ausgestellt war. Der Technologielehrer hatte einen Ausstellungskasten aus Glas voller Diebstahlsicherungsmechanismen angefertigt. Die Schulwebseite bewarb den Kristall als archäologisches Fundstück auf dem Schulgelände aus der Zeit der Grundsteinlegung der Schule. Sie behauptete, das örtliche Museum habe ihn uns für eine Ausstellung geliehen. Die meisten vielen darauf herein und die Bibliothek war ständig von Lehrern und Schülern besucht, die vom Kristall fasziniert waren. Kommentare, die der Bibliothekar hörte waren „ha, ich halte nicht viel von ihrem Sicherheitssystem, wir könnten den ganz einfach klauen“ und von einem Lehrer „ich kann nicht glauben, dass uns der Direktor davon vorher nichts gesagt hat“. Ich hatte ein gefälschtes Bild vom Direktor angefertigt, wie er den Kristall aus der Erde gräbt.
Am Tag der Aktivität, in einer sehr gedämpften Versammlung, wurde den Schülern mitgeteilt, dass der Stein gestohlen worden war. Als wir dann erklärten, dass sie das Verbrechen lösen müssten, begann es ihnen zu dämmern, dass dies Teil des Krimis war. Neben der üblichen Analyse mussten die Schüler herausfinden, wie der Dieb das Sicherheitssystem umgangen hatte – indem sie selbst versuchen sollten, das System zu knacken.
In den letzten zwei Jahren hatten wir eine geisteswissenschaftlich-naturwissenschaftliche Energiekonferenz in der Schule. Jede Schülergruppe repräsentiert eine Energiequelle und macht einen Präsentationsstand auf dem Ausstellungsstockwerk. Lehrer nehmen in verschiedenen Rollen Teil, zusammen mit Schülern der anderen Jahrgänge und Eltern. Der Kriminalfall hängt mit einigen der Rollen zusammen, die die Lehrer-Abgeordneten spielen, und steht auch mit einer Energiefrage im Zusammenhang.
Dieses Jahr z.B. ging es in dem Krimi um eine neue Art von Ölsamen, die die Energieindustrie revolutionieren würde. Ein Abgeordneter der Konferenz hatte den Samen vor kurzem im Amazonas-Regenwald entdeckt, aber den Samen und seine Erkenntnisse der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht. Gerüchte über Ölfirmen und Regierungen, die versuchen, an den Samen zu gelangen, bereiten das Szenario für den mysteriösen Tod des Abgeordneten vor. Wir führen dann Energie von einer wissenschaftlichen Perspektive ein, und die geisteswissenschaftlichen Lehrer untersuchen die sozialen Fragen.
Die Grundelemente des Detektivtages sind:
Solch eine Aktivität setzt eine Menge Vorbereitung voraus, daher ist es wichtig, dass die Schulverwaltung die Aktivität voll unterstützt, indem sie Planungszeit genehmigt, besonders wenn man Lehrer verschiedener Fächer einbezieht. Ursprünglich, als ich nur die Aktivität im Chemieunterricht durchgeführt habe, hat die Vorbereitung nur einige wenige Stunden gebraucht. Die Verdächtigen, Interviews und Überwachung einzubeziehen, viele Hinweise vorzubereiten, z.B. ein polizeiliches Strafregister, sowie den kleinen Film, den ich immer zur Einführung mache, nimmt viele, viele Stunden in Anspruch. Je komplexer der Kriminalfall, desto mehr Zeit benötigt man für die Vorbereitung. Für die diesjährige Aktivität habe ich wahrscheinlich 15-20 Stunden gebraucht.
Das Hauptproblem, was ich mit der Aktivität hatte, war die unsensible Art, mit dem Tod als Spaßaktivität umzugehen. Der Kristalldiebstahl hat dies geschickt umgangen, aber beim Versuch, jedes Jahr ein anderes Szenario zu bearbeiten, bin ich zu einer Morduntersuchung zurückgekehrt.
Ein früherer Kollege wies einmal darauf hin, dass Kriminalromane und Fernsehprogramme wie CSI den Tod als Unterhaltung behandeln und die Kinder dem nicht nur ausgesetzt sind, sondern sich daran erfreuen. Bei Macbeth, den die 8. Klasse auch durchnimmt, fehlt es nicht an blutigen Morden und er wird wohl kaum vom Lehrplan gestrichen. Es mag für den Schulberater ein interessant zu untersuchender Aspekt sein, und sicherlich ist er es in Bezug auf die Phantasie der Schüler. Die blutigeren Aspekte kommen voll zum Tragen, wenn wir die Schüler dazu bringen, den Tathergang darzustellen.
Das Schülerarbeitsbuch für den diesjährigen Kriminalfall kann hier heruntergeladen werden (668 KB).
Dieser Artikel stellt eine großartige Idee da, die viel Zeit für Planung und Koordination benötigt. Ich bin sicher, dass die Schüler diese Aktivitäten spannender finden werden als traditionelle Unterrichtsmethoden. Ich denke, Schüler durch Kriminalfälle wie die im Artikel beschriebenen zu leiten ist sehr motivierend und eine wertvolle Quelle für Lehrer auf der Suche nach anderen Erziehungsmethoden.
Sølve Tegner Stenmark, Norwegen
Download this article as a PDF