Die Markierung von Zellen – gemeinsam gegen den Krebs kämpfen! Teach article

Übersetzt von Veronika Ebert. “Erzähl mir, und ich werde vergessen, unterrichte mich, und vielleicht werde ich mich erinnern, beteilige mich, und ich werde lernen“, so die Worte von Benjamin Franklin. Nutzen Sie diese Worte für Ihre berufliche Praxis und involvieren Sie ihre…

Wirksame Krebsmedikamente müssen Tumorzellen selektiv zerstören ohne gesunde Zellen zu schädigen. Da bisherige chemotherapeutische Ansätze diese perfekte Selektivität nicht erzielen konnten, suchen viele Forscher/innenteams weiter nach wirksamen und nebenwirkungsfreien Substanzen für Chemotherapien von morgen.

 

HeLa-Zellen

Bei HeLa-Zellen handelt es sich um eine ganz spezielle menschliche Zelllinie. Sie wurden von einer Frau mit dem Namen Henrietta Lacks gewonnen, die 1951 an einem Zervikalkarzinom verstorben ist. Ihr behandelnder Arzt entnahm einige Zellen ihres Tumors und zog sie in einem Kulturmedium weiter: die erste menschliche Zelllinie war erfolgreich etabliert. HeLa-Zellen sind die weltweit am häufigsten verwendeten menschlichen  Zellen in biologischen Laboratorien.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von apoptotischen HeLA-Zellen
Mit freundlicher Genehmigung des National Institutes of Health (NIH)

 

Die Suche nach geeigneten Substanzen erfolgt vor allem mit Robotern. Mit ihrer Hilfe können sehr schnell Millionen möglicher Wirkstoffe getestet und identifiziert werden: Dazu werden die Zellen mit potentiellen Wirkstoffen versetzt, und es wird beobachtet, ob die Zellen weiter wachsen oder absterben. Bei solchen Experimenten werden tausende, oder sogar Millionen Abbildungen von Zellen generiert, die nach bestimmten Kriterien untersucht und klassifiziert werden müssen, um die Reaktion der Zelle auf jeden einzelnen potentiellen Wirkstoff feststellen zu können. Solche Kriterien sind z.B. der Zustand der Zellen, die Freisetzung von Zellbestandteilen, die Verteilung der Mitochondrien, oder die Form des Zellkerns. Die Analyse der riesigen Datenmengen könnte prinzipiell am besten mit einem Computer durchgeführt werden, Computer eignen sich allerdings nicht besonders gut zur Mustererkennung: bei dieser Aufgabe ist das menschliche Auge unschlagbar (Lostal et al, 2013a; 2013b)!

Das ist der Zeitpunkt, an dem  Sie mit Ihrer Klasse einsteigen können. Die Forscher/innen benötigen möglichst viele Freiwillige, die sie bei der Bildanalyse unterstützen, um so rasch wie möglich geeignete Wirkstoffe gegen Krebs identifizieren zu können. Wenn Ihre Schüler/innen den Wissenschafter/innen bei der Charakterisierung der Reaktion der HeLa-Zellen auf verschiedene chemische Stoffe helfen, können sie gleichzeitig vieles über das Absterben von Zellen lernen.

Das Zellmarkierungsprojekt

Das Team des Zellmarkierungsprojekts testet die Reaktion von HeLa-Zellen mit fortschrittlichen lichtmikroskopischen Techniken auf mehr als 14000 verschiedene chemische Substanzen. Dabei werden die HeLa-Zellen im Halbstundentakt fotographiert. Zu jedem Zeitpunkt werden drei Aufnahmen angefertigt: eine bei normalem Licht, eine  mit blauem, und eine mit grünem Fluoreszenzlicht (Lostal et al, 2013a; 2013b). Die Abbildung bei Normallicht zeigt die Form der Zellmembran, der blaue Fluoreszenzkanal ermöglicht die selektive Darstellung des Zellkerns. Dazu wird der Zellkern mit einem blau fluoreszierenden Fluoreszenzfarbstoff mit der Bezeichnung „Hoechst 33342“ eingefärbt. Das grüne Fluoreszenzlicht wird für die Darstellung der in den Zellen enthaltenen Mitochondrien verwendet: Die Mitochondrien werden mit dem Fluoreszenzfarbstoff „Mitotracker“ selektiv gefärbt. Durch die Überlagerung der drei verschiedenen Bilder können die Wissenschaftler/innen Bilder generieren, die detaillierte Informationen über die drei genannten Zellstrukturen liefern. Zusätzlich können auch Videos angefertigt werden, mit denen die Bewegungen der Zellen, die Teilung von Zellen und der Zelltod dokumentiert werden. Pro Tag entstehen dabei mehr als 4000 Aufnahmen, ein einziges Experiment liefert etwa 14112 Bilder.

Abbildung 1. Vergleich einer graphischen Abbildung mit dem Foto von HeLa-Zellen
Mit freundlicher Genehmigung von Socientize

Markieren Sie Zellen im Unterricht und unterstützen Sie damit die Bekämpfung von Krebs

Die Unterrichtseinheit, bei der Themen wie die Zellteilung, der Zelltod, die genetische Regulation, Krebs und Biotechnologie erarbeitet werden können, eignet sich für den Biologieunterricht von 14-18-jährige Schüler/innen. Sie kann aber auch problemlos an andere Zielgruppen angepasst werden.

Die Unterrichtseinheit ist in zwei Module unterteilt:

A) Erkundung des Zellmarkierungsprojekts und seines fachlichen Hintergrunds und

B) Arbeit mit der Software zur Markierung von Zellen

Materialien

Verfügbare Quellen für diese Unterrichtseinheit sind:

  • ein Videow1, das die Bedeutung des Zellmarkierungsprojekts erläutert
  • ein Didaktik-Paketw2, das einen möglichen Unterrichtsablauf skizziert und Aufgabenstellungen für Schüler/innen bereitstellt
  • Ein Lehrer/innenpaketw3 mit detaillierten Informationen zur Forschungsarbeit, einer PowerPoint-Präsentation und drei kurzen Videoclips über HeLa-Zellen.

Arbeitsablauf

A) Erkundung des Zellmarkierungsprojekts und seines fachlichen Hintergrunds.

Im ersten Teil der Unterrichtseinheit sollen die Schüler/innen das Zellmarkierungsprojekt und die dazu verwendete Methodik erkunden.

1) Sehen Sie sich das Videow1 „Socientize: Cell Images Experiment“ an, um den fachlichen Hintergrund für die Unterrichtseinheit zu erarbeiten.

2) Lesen Sie das Didaktikpaketw2 um Antworten auf die nachfolgenden Fragen zu finden:

  1. Was bezweckt José Villar mit seiner Forschung?
  2. Welchen Zelltyp verwendet er?
  3. Welche Methoden setzt er ein um die Zellen zu beobachten?
  4. Welche Resultate kann er von verschiedenen chemischen Substanzen erwarten?
  5. Welche Art von Zelltod will José Villar in den Zellen hervorrufen, und warum?

Zu diesem Zeitpunkt kann es sinnvoll sein, ein einfaches Diagramm, wie in Abb. 2 gezeigt, anzufertigen.

3) Zeigen Sie Ihren Schüler/innen, wie sie zwischen Apoptose und Nekrose unterscheiden können, und wie man gesunde HeLa-Zellen von absterbenden Zellen unterscheiden kann:

  1. Fordern Sie die Schüler/innen auf, die Abbildungen des Didaktikpakets zu analysieren, und eine Tabelle vergleichbar mit Tabelle 1 zu erstellen, um die wichtigsten morphologischen Unterschiede zwischen Apoptose und Nekrose aufzulisten: Unterschiede im Zellvolumen, der Verdichtung des Zellkerns und weitere Reaktionen.
  2. Schauen Sie sich die drei kurzen Videoclips des Lehrerpakets an (gesunde Zellen, Apoptose, Nekrose). Die Schüler/innen sollen dabei den Zustand der Zellen mit Hilfe der morphologischen Unterschiede in jedem Videoclip feststellen.
Abbildung 2. Beispiel für ein Flussdiagramm für die Vorgangsweise im Zellmarkierungsexperiment
Mit freundlicher Genehmigung von Socientize

Jetzt sind Ihre Schüler/innen ausreichend vorbereitet, um José bei der Untersuchung der HeLa-Zellbilder zu unterstützen.

  Apoptose Nekrose
Tabelle . Beispielhafte Tabelle für die wichtigsten morphologischen Unterschiede zwischen Apoptose und Nekrose
Zellvolumen Abnahme Zunahme
Zellkern Fragmentierung nach Verdichtung Volumszunahme
Freisetzung des Inhalts Nein (Bildung apoptotischer Körper) Ja
Entzündungsreaktion Nein Ja

B) Mit der Zellmarkierungssoftware arbeiten.

Die Cell Spotting-Softwarew4 erlaubt es Ihnen und Ihren Schüler/innen, HeLa-Zellbilder zu analysieren und Ihre Ergebnisse an das Forscher/innenteam zu übermitteln. Die Benutzeroberfläche ist intuitiv leicht erfassbar, benutzerfreundlich und selbsterklärend, sodass sie für jede/n leicht verständlich ist, und jede/r leicht seinen/ihren Beitrag leisten kann. Für die erstmalige Nutzung der Software empfehlen wir dem Tutorial zu folgen, um die Struktur, Ziele und die Analysewerkzeuge zu verstehen. Das ermöglicht es Ihnen alle notwendigen Werkzeuge kennen zu lernen, bevor Sie sich einloggen, die Zellmarkierung starten und Zellen zuordnen.

Abbildung 3. Mechanismen des Zelltods: Apoptose und Nekrose
Mit freundlicher Genehmigung von Juliana Bortoletto

Um eine Analyse abschließen zu können, ist es notwendig, jedes einzelne Bild nach vier Kriterien zu untersuchen:

  • Zustand der Zelle (tot oder lebendig)
  • Freisetzung des Zellinhalts (ob Material freigesetzt wird, oder nicht)
  • Verteilung der Mitochondrien (ob die Mitochondrien in einem Teil der Zelle ankonzentriert sind, oder gleichmäßig verteilt)
  • andere Merkmale (z.B. vielkernige Zellen, eine unübliche Zellgröße, oder die Größe des Zellkerns)

1) Fordern Sie die Schüler/innen auf, sich in die Anwendung einzuloggen und sich zu registrieren, damit ihre Beiträge nicht anonym bleiben.

2) Arbeiten Sie die Software mit den Schüler/innen genau durch, damit sie verstehen, was zu tun ist. Das geht einfach, wenn Sie einen Projektor haben und gemeinsam die Abbildung einer Zelle analysieren.

Abbildung 4. Benutzeroberfläche der Zellmarkierungssoftware
Mit freundlicher Genehmigung von Socientize

Die wesentlichen Bestandteile der Software sind:

  • der blaue Balken (A in der Abb.) oben beschreibt, was zu tun ist, und welche Analysewerkzeuge verfügbar sind. Zu den Hilfestellungen gehören:
    • die spezifische Frage, die beantwortet werden soll
    • die drei Farbkanäle, die verwendet werden können, um spezifische Details des Bildes sichtbar zu machen: blau, um den Zellkern zu visualisieren; grün, um die Mitochondrien sichtbar zu machen; und die normale Darstellung, bei der die blauen, grünen und weißen Bilder überlagert worden sind
  • das Video, aus dem jede Abbildung stammt
  • weitere Informationen zu jedem Schritt
  • den Zugang zu Vish, dem Virtual Science Hub, einer Unterrichtsplattform, die es erlaubt, das Labor, in dem das Zellmarkierungsprojekt läuft, virtuell zu besuchen
  • ein Fragebogen für Rückmeldungen
  • ein direkter Link zur Didaktikeinheit

Die Bildanalyse erfolgt in Box B (in Abb. 4). Darunter stehen Symbole, mit denen der Zustand der Zellen festgelegt werden kann (siehe Nr. 8 auf Abb.4). Die Symbole können auch einzeln wieder entfernt werden (siehe Nr. 10 auf Abb. 4), oder erneut zur Markierung verwendet werden (siehe Nr. 11 auf Abb. 4). Wenn Sie unsicher sind, wie eine bestimmte Zelle klassifiziert werden soll, kann sie mit einem Fragezeichen markiert werden (siehe Nr. 9 auf Abb. 4).

Box C zeigt einige Beispiele für  die korrekte Zuordnung von Zellen.

Dazu kommt ein Fortschrittsbalken für die vier Parameter, die zur Fertigstellung einer Analyse erforderlich sind (siehe Box D in Abb. 4). Sobald ein Parameter bei der Analyse festgelegt worden ist, muss auf den Pfeil nach rechts geklickt werden, um zum nächsten Parameter zu gelangen. Nach Fixierung aller vier Parameter erscheint unten ein Symbol, das den Abschluss der Analyse ermöglicht. Danach wird das nächste Bild automatisch eingeblendet, und die nächste Zelle kann analysiert werden.

Hinweis: Im Lehrerpaket findet sich ein Tutorial für die Nutzung der Zellmarkierungssoftware. Die Analyse ist sehr einfach, und kann mit Sicherheit von Schüler/innen sicherlich problemlos durchgeführt werden.

3) Lassen Sie Ihre Schüler/innen mit dem Programm herumspielen, und erlauben Sie die kostenlose Weitergabe. Sagen Sie ihnen auch, dass sie sich auch von zuhause einloggen können.


References

  • Lostal E, Serrano F, Carrodeguas JA, Martínez P, Sanz F, Val C (2013a) Cell Images Analysis as a Case of Citizen Science for Advanced Education: Laboratory and School, Back and Forth. In Proceedings of the 7th International Technology, Education and Development Conference (INTED 2013) pp 2489–2496. Valencia, Spain: IATED
  • Lostal E, Serrano F, Carrodeguas JA, Martínez P, Sanz F, Val C (2013b) A case of Citizen Science for Cell Biology Images Analysis. In Proceedings of the XXXIII Congresso da Sociedade Brasileira de Computação (CSBC 2013) pp 1855–1862. Maceió, Brazil: CSBC

Web References

  • w1 –Link zum “Socientize: Cell Images Experiment”-Videosam Ibercivis Ciencia’s YouTube channel:
  • w2 – Link zum Download der Lehrunterlagen für die Zellmarkierungseinheit:
  • w3 – Das Lehrerpaket für die Zellmarkierungseinheit enthält umfangreiche Informationen über die Forschungsarbeiten, eine Anleitung zur Markierung von Zellen, eine Unterrichteinheit mit Lösungen, und drei Kurzvideos über die unterschiedlichen Zustände von HeLa-Zellen. Das Lehrerpaket ist herunterladbar:
  • w4 – Auf der Socientize-Webseite können Sie mit der Zellmarkierungssoftware arbeiten.

Resources

  • Weitere Informationen zum von der EU geförderten Projekt Socientize finden Sie auf der offiziellen Webseite. Dort finden Sie auch andere wissenschaftliche Projekte mit Bürgerbeteiligung, an denen Sie ebenfalls mitarbeiten können.
  • Um die von Socientize vertretenen Projekte mit Bürgerbeteiligung, ansehen zu können, gehen Sie bitte auf die offizielle Webseite des Ibercivis-Projekts.
  • Weitere mit Krebs in Zusammenhang stehende Unterrichtseinheiten finden Sie unter:

Author(s)

António Monteiro ist Biologe mit einem Masterabschluss für das  Biologie- und Geologielehramt. Er beteiligt sich aktiv am wissenschaftlichen Bürgerbeteiligungsprojekt FP7 „Socientize – Society as e-Infrastructure through technology, innovation and creativity“. Er arbeitet seit 2009 für das Wissenschaftsmuseum der Universität Coimbra in Portugal als Führer und Entwickler von wissenschaftlichen Unterrichtsaktivitäten, vor allem für die Lange Nacht der Forschung („Researcher´s Night“). Er ist auch an der Bekanntmachung des Museums in sozialen Medien beteiligt.

Cândida G Silva ist studierte Mathematikerin und Computerwissenschafterin, und hat ein Doktorat in Chemieinformatik. Während der letzten vier Jahre hat sie an zwei wissenschaftlichen Projekten mit Bürgerbeteiligung aktiv mitgearbeitet und die Computerprojekte ibercivis.net und socientize.eu ehrenamtlich durchgeführt. Im Moment konzentriert sich ihr wissenschaftliches Interesse auf maschinelles Lernen, auf die Auswertung größerer Datenmengen, die Entdeckung von Wirkstoffen, auf Projekte mit Bürgerbeteiligung, Neue Medien, Volunteer Computing  und Datenbanken.

Dr. José Carrodeguas Villar ist ein Wissenschaftler des Institute for Biocomputation and Physics of Complex Systems (BIFI) an der Universität von Saragossa in Spanien. Er leitet eine Forschungsgruppe, die sich mit der Apotose bei Krebs, dem Immunsystem, dem Nervensystem und in anderen Systemen beschäftigt. Er ist Projektleiter des Zellmarkierungsprojekts und ist aktiv in wissenschaftliche Projekte mit Bürgerbeteiligung, sowie Socientize und Ibercivis  involviert.

Diese Unterrichtseinheit ist ein von Socientize eingereichtes Projekt, das von dem siebenten Rahmenprogramm der Europäischen Union unter der Projektnummer 312902 gefördert wird.

Review

Der Artikel beschreibt eine schülerzentrierte Unterrichtseinheit, die in das Konzept wirksamer Krebsmedikamenten einführt. In dieser Einheit wird erarbeitet, wie unterschiedliche Wirkstoffe getestet werden können um festzustellen, ob sie sich zur Bekämpfung von Krebszellen eignen. In der darauffolgenden Aufgabe erfahren die Schüler/innen einiges über HeLa-Zellen, und wie diese mit Einzelwirkstoffen kultiviert werden können, um die Wirksamkeit der getesteten Stoffe gegen Krebszellen zu überprüfen. Die Lernenden bekommen visuelle Beispiele zur Apoptose und Zellnekrose.

Im Anschluss werden die Schüler/innen in das Projekt zur Markierung von Zellen eingeführt, bei dem die Teilnehmer/innen Zellen analysieren und durch das Hochladen ihrer Ergebnisse zum Projekterfolg  beitragen können.

Damit die Schüler/innen ihr Wissen einsetzen können, und zum Projekterfolg beitragen können, wird jeder Arbeitsschritt durch klare Arbeitsanweisungen und Erklärungen unterstützt.

Dr Shaista Shirazi, VK

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