Möglichkeiten der Kernkraft: ein Lehrer am CERN Inspire article
Übersetzt vom Englisch Grundkurs 11 Frau Schimmel, CGG Kirchberg: Christoph Berthold, Deborah Ebert, Daniel Fietzek, Lisa Goldberg, Anne Hochmuth, Julia Jendrusch Nina Kunze, Christian Leistner, Lukas Leistner Titus Leistner, Friederike Meier, Martin Meier Niclas Meier, Maximilian Ott, Tobias…
Als sich Günter Bachmann, Schulleiter einer Schule im Bundesland Sachsen, für ein einwöchiges Trainingsseminar am weltweit größten Teilchenphysiklabor CERN anmeldete, stellte er hohe Erwartungen an den Kurs, aber erwartete nicht, ein Mal als Lehrer eingeladen zu werden.
Aber genau das geschah. Als Physiklehrer mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung wusste Günter Bachmann, wie man die Gelegenheit beim Schopfe packt und sieht die Einladung jetzt als den bisher aufregendsten Moment seines beruflichen Werdegangs.
„Der Besuch erweiterte mein Verständnis von moderner Physik und internationalem Wissenschaftsmanagement enorm“, sagt er. „Zusätzlich erhielt ich die Möglichkeit, das Interesse unserer Schüler für neue Fragen und Entwicklungen zu wecken.“
Während seines Aufenthaltes 2011 arbeitete Günter Bachmann mit Rolf Landua, dem Leiter für Bildung am CERN, zusammen. Beide konzipierten Unterrichtsmaterial zum Thema kosmische Höhenstrahlung für Schüler der Altersstufe 14 bis 16 Jahre. Die Entwicklung der Arbeitsaufträge folgte einem klaren Rezept – einer Mischung aus Physik, Vergnügen und Neugier. Mathematische spezifische Fachausdrücke galt es möglichst zu vermeiden.
Seit seinem Besuch am CERN liegt Günter Bachmann viel daran, die Vorteile seiner Erfahrungen an seine Schüler weiterzugeben und er erklärt: “Ich habe die Materialien mit einigen meiner Schüler getestet und habe bemerkenswert positive Rückmeldungen bekommen – vor allem angesichts der Tatsache, dass diese Schülergruppe nicht zu den leistungsstärksten Klassen der Schule gehört”. Dieses Unterrichtsmaterial wird bald auf der Internetseite des Physiklabors CERN sowohl in Englisch als auch Deutsch zur Verfügung stehenw1.
Seine Zeit am CERN führte Günter Bachmann deutlich die Bedeutung von aktuellen Forschungsergebnissen und deren konsequente Einbettung in den Physiklehrplan vor Augen, um den tatsächlich unerschöpflichen Charakter wissenschaftlicher Forschungsfragen aufzuzeigen. Günter Bachmann rekapituliert: “Die prinzipielle Offenheit im Rahmen der Forschungsarbeit und in Bezug auf wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn waren für mich sehr ungewohnt, da sie genau das Gegenteil eines klar strukturierten Unterrichtsalltages repräsentieren.“
Anfangs dauerte es ein Stück, bis sich Günter Bachmann an das Leben am CERN gewöhnt hat. Rückblickend meint er: “Die Orientierung auf dem großen Gebiet der CERN-Anlagen bereitete zunächst ein paar Schwierigkeiten und ich musste mich daran gewöhnen, Englisch als Instituts- und Arbeitssprache zu sprechen.“ Aber gerade der Wechsel in die fremdsprachliche Verständigung ermöglichte ihm einen weiteren pädagogischen Einblick. “Schüler sollten sowohl in naturwissenschaftlichen Fächern als auch in der englischen Sprache unterrichtet werden”, argumentiert er. “Das eine funktioniert nicht richtig ohne das andere.“ Günter Bachmann ist davon überzeugt, dass der Fremdsprachenerwerb ein bedeutender Vorteil für talentierte junge Wissenschaftler ist, welche Englisch gerade auch in Haupt-/ und Aufbaustudien benötigen.
Günter Bachmann ist mittlerweile der Meinung, dass die Möglichkeit einer praktischen Ausbildung an wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen wie dem CERN; anderen Einrichtungen von EIROforum, siehe Furtado Neves, 2012; und auf „Science on Stage“ Festivals w2) vielen Mathe-, Physik-, Informatik- oder Chemielehrern zur Verfügung stehen sollte. Er wünscht sich außerdem mehr Unterstützung für alle Physiklehrer, um sie auf den neuesten Stand der Entwicklungen ihres Fach zu bringen. „Da schon einige Zeit seit meinem Universitätsabschluss vergangen ist, kann ich mir eine Reihe von Vorlesungen – vielleicht auch online – über die Entdeckungen und Entwicklungen der Physik in den vergangenen 40 Jahren vorstellen“, fordert Günter Bachmann.
Er glaubt fest daran, dass die moderne Physik einen viel höheren Stellenwert in seinem Unterricht haben sollte – aber das ist leichter gesagt als getan. „In Sachsen sind mehr als 90% des Physiklehrplans festgelegt. Für die verbleibenden 10% müssen die Lehrer zwischen Wahlpflichtthemen selbst eine Auswahl treffen. Folglich besteht nur in sehr geringem Rahmen die Möglichkeit zum Einbringen eigener Ideen.“, erklärt der Physiklehrer. Er würde es insbesondere gut finden, wenn mehr Zeit zur Behandlung der Quantenphysik und des in den 1970er Jahren entwickelten Standard-Modells als etablierter Theorie der grundlegenden Kräfte und Teilchen verbliebe.
Günter Bachmann schloss sein Mathe- und Physikstudium an der Universität Leizpig mit der Lehrbefähigung 1980 ab. Seitdem arbeitet er in der Schule, anfänglich als Lehrer in der ehemaligen DDR und seit 1990 im vereinten Deutschland. Der Grundstein seiner Liebe zur Wissenschaft wurde bereits im Kindesalter gelegt: „Als Kind baute ich oft hölzerne Wasserräder mit meinem Großvater und testete sie an schmalen Bächen. Manchmal nutzten wir das Wasser, um kleine hölzerne Hammermühlen anzutreiben. Ich glaube mein Interesse an den Kräften der Natur und ihrer Nutzung durch den Menschen entsprang diesen Kindheitserfahrungen.“
Aber seine Wahl für Physik lag nicht nur in solch inspirierenden Erlebnissen, sondern auch in der damaligen politischen Situationen begründet. Günter Bachmann erklärt seine Studienfachwahl so: „Ich entschied mich bewusst für die Naturwissenschaften, denn ich wollte im damaligen DDR-System Fächer unterrichten, die frei jeglicher Ideologie oder politischer Vereinnahmung waren.“
Zu Beginn des Jahres 2012 kehrte Günter Bachmann mit zwanzig seiner eifrigsten Schüler für ein voll gepacktes 3-Tage-Programmw3 zum Physiklabor CERN zurück. Dort bauten sie ihre eigene Nebelkammer zur Entdeckung von Teilchen (siehe Barradas-Solas & Alameda-Meléndez, 2010) und analysierten Daten vom riesigen Teilchenbeschleuniger des CERN, dem LHC (Large Hadron Collider; siehe Landua & Rau, 2008, und Landua, 2008).
Zurück in seiner Schule stellt sich die Frage, welche Veränderungen Günter Bachmann sich für den Physikunterricht in seiner Region erhoffe: „Es sollten mehr Freiheiten für Lehrer in der Unterrichtsgestaltung bestehen. Eine zusätzliche Wochenstunde Physik würde genügend Zeit verschaffen, um grundlegendes Wissen zu vertiefen und Experimente durchzuführen.“ Das wäre ein gutes Training für die angehenden Wissenschaftler aus Sachsen.
Mehr über das CERN
Die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN)w4 ist eines der weltweit führenden Forschungszentren mit dem Arbeitsschwerpunkt auf physikalischer Grundlagenforschung. Am CERN wird untersucht, nach welchen Prinzipien unser Universum arbeitet, wie es entstanden ist und welche zukünftigen Entwicklungen es nehmen wird.
Ein Aufgabenschwerpunkt des CERN ist die Bildung. Im Rahmen seines Bildungsprogramms bietet das Forschungszentrum Physiklehrern englisch- oder muttersprachliche Kurse mit einer Dauer von bis zu drei Wochen an. Teilnehmer erleben vor Ort die Arbeitsatmosphäre der richtungweisenden Forschung am größten Teilchenbeschleuniger der Welt (LHC – Large Hadron Collider), pflegen den Austausch mit Wissenschaftlern und Fachkollegen und erhalten neue Impulse für die Einbettung von moderner Physik in den naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen.
CERN ist ein Mitglied von EIROforumw5, dem Herausgeber von Science in School.
References
- Barradas-Solas F, Alameda-Meléndez P (2010) Bringing particle physics to life: build your own cloud chamber. Science in School 14: 36-40.
- Furtado Neves S (2012) Diving into research at the EIROforum teacher school. Science in School 22.
- Landua, R (2008) The LHC: a look inside. Science in School 10: 34-45.
- Landua R, Rau M (2008) The LHC: a step closer to the Big Bang. Science in School 10: 26-33.
Web References
- w1 – Die CERN Website veröffentlicht die von Günter entwickelten Lehrmaterialien in Englisch und Deutsch.
- w2 – The Science on Stage international science teaching festivalsermöglichen es den teilnehmenden Lehrern nicht nur moderne Unterrichtsideen auszutauschen, sie können auch an Vorlesungen und Präsentationen zu aktuellsten Themen teilnehmen.
-
Das nächste Festival findet im April 2013 in Słubice-Frankfurt (Oder) an der Deutsch-Polnischen Grenze statt. Jedes Land wird durch eine Delegation aus Lehrern vertreten sein, welche in nationalen Veranstaltungen ausgewählt wurden. Um für Ihre nationale Delegation berücksichtigt zu werden, sollten Sie schnellstmöglich die Organisatoren Ihres Landes kontaktieren, denn in einigen Ländern haben die Auswahlveranstaltungen schon begonnen. Es gibt auch ein begrenzte Anzahl an Plätzen für Personen, die keiner Delegation angehören. Diese müssen eine Teilnehmergebühr bezahlen.
-
Science on Stage wurde 1999 von EIROforumw5, dem Herausgeber von Science in School, gegründet.
-
- w3 – Der Schülerbericht (auf Deutsch) von Besuch im CERN ist auf der Webseite der Schule verfügbar
- w4 – Um mehr über CERN zu erfahren, besuchen Sie die CERN Webseite.
- w5 –EIROforum ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen acht der größten internationalen wissenschaftlichen Forschungsorganisationen Europas, welche ihre Ressourcen, Einrichtungen und ihr Wissen zusammenschließen. Damit wollen sie die europäische Wissenschaft unterstützen ihr volles Potential auszuschöpfen. Als Teil seiner Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit gibt EIROforum Science in School heraus.