Erforschung der Sonnenatmosphäre Understand article
Übersetzt von Manuel Koch. Haben wir uns je gefragt, was der Sonnenwind für uns auf Erden bedeutet, oder was passiert, wenn die Oberfläche der Sonne immer mal wieder ausbricht? Lucie Green vom University College London´s Mulard Space Science Laboratory, Großbritannien, beschreibt einige der…
Ein besonderes Forschungsprogramm, welches die Sonne und ihren Einfluss auf das Sonnensystem erforschen soll, wird gerade begonnen. Initiiert wurde es von den Vereinten Nationen. Das Programm heißt Internationales heliophysikalisches Jahrw1, und Wissenschaftler aus ganz Europa nehmen daran teil. Ein Interessensgebiet ist die Atmosphäre der Sonne; es gibt noch eine Menge Fragen über unseren heimischen Stern, die darauf warten, beantwortet zu werden.
Eine dieser Fragen kam im Jahre 1869 auf, als spektroskopische Beobachtungen einer totalen Sonnenfinsternis eine bis dahin unbekannte Spektrallinie zeigten. Zuerst hatte man geglaubt, dass dieses ein neues Element darstellte und hat es provisorisch `Coronium´ genannt. Später fand man heraus, dass diese Spektrallinie von stark ionisierten Eisenionen stammte, die sehr hohe Entstehungstemperaturen benötigen (ungefähr eine Million Kelvin). Diese Entdeckung im Jahre 1939 war der erste Hinweis darauf, dass die Gase in der Sonnenatmosphäre sehr viel heißer sind als die Oberflächentemperatur von 6000 Kelvin. Das gab jedoch Rätsel auf. Wenn man sich von der Hitzequelle (dem Kern der Sonne) entfernt, sollte die Temperatur fallen. Das ist auch so lange der Fall bis man den oberen Rand der Photosphäre erreicht, aber dann fängt die Temperatur in größerem Abstand zum Kern anzusteigen. Das spricht gegen das zweite Gesetz der Thermodynamik; ein kälterer Körper kann nicht einen heißeren erwärmen. Die Frage ist, was erhitzt die Sonnenkorona? Dies ist mittlerweile bekannt als das koronale Erwärmungsproblem.
Trotz der Entdeckung der ersten koronalen Emissionslinie im sichtbaren Wellenlängenbereich, liegt der Hauptteil der Emission der Korona im ultravioletten und Röntgenstrahlenbereich. Als im Jahre 1957 die Weltraumära begann, konnten Röntgenteleskope auf Raketen und Satelliten Daten außerhalb der abschirmenden Erdatmosphäre sammeln, und so konnten die Wissenschaftler anfangen, diese Prozesse zu untersuchen. Die Beobachtungen zeigten schon sehr bald, dass sich starke Röntgenemissionen in der Region der Sonnenatmosphäre zeigten, wo das Magnetfeld am stärksten ist. Besteht nun also eine Verbindung zwischen den Magnetfeldern und der Wärme?
Beobachtungen von Raumsonde wie der SOHO Mission der Europäischen Raumfahrtbehörde/des Nationalen Luft- und Raumfahrtszentrum im Jahre 1995 werden genutzt, um eine Reihe von Theorien zu testen. Es gibt zwei Arten von Theorien: zum einen Belastungsmodelle, in denen die Energie von magnetischen Feldern stammt, welche die Korona durchziehen, und zum anderen Wellenmodelle, in denen Energie von Wellen abgegeben wird, die sich von oben nach unten ausbreiten. Die im Moment bevorzugte Idee ist, dass die Energie von den Magnetfeldern abstammt, die immer wieder aufeinander stoßen, aber die Forschung daran ist noch im vollen Gange.
Eine Folge der heißen Sonnenkorona ist neben ihrer hohen thermischen Konduktivität, dass sie sich beständig ins All ausbreitet. Diese Ausbreitung wird als Sonnenwind bezeichnet, und es gibt zwei Arten: den langsamen Wind, der ungefähr 400 km/s schnell ist, und den schnellen Sonnenwind, der ungefähr 800 km/s schnell ist. Derzeit sind weder der Beschleunigungsmechanismus noch die Lage dieser beiden Arten wirklich verstanden, aber beide werden untersucht.
Der Sonnenwind weht über alle Planeten und anderen Körper des Sonnensystems hinweg. Einige Planeten wie die Erde besitzen ein eigenes Magnetfeld: nämlich diejenigen, die entweder über einen Kern aus geschmolzenem Eisen (wie die Erde) oder über eine Wasserstoffatmosphäre verfügen, die so komprimiert ist, dass sie sich wie ein Metall verhält (wie der Jupiter). Dieses bildet eine magnetische Blase um den Planeten, um den der Sonnenwind normalerweise herum fließt. Der Planet und sein Magnetfeld verhalten sich wie ein Felsbrocken im Wasser, welcher den Strom ablenkt. Jedoch trägt der Sonnenwind ein eigenes Magnetfeld und wenn dieses eine starke Südausrichtung aufweist, verläuft es mit dem Erdmagnetfeld in einer Richtung. Während dieser Zeit werden verstärkt aurore Erscheinungen (die nördlichen und südlichen Polarlichter) erzeugt. Es wird im Moment daran gearbeitet, wie die Energie des Sonnenwindes auf das Erdmagnetfeld und die Erdatmosphäre übertragen wird.
Außerdem wird daran geforscht, wie der Sonnenwind andere Planeten ohne ein Magnetfeld beeinflusst. Zum Beispiel befindet sich die Venus Express Mission im Moment in der Umlaufbahn um die Venus und misst die Erosion der Venusatmosphäre durch den Sonnenwind.
Die heftigste Form der Aktivität in der Sonnenatmosphäre sind riesige Plasmaeruptionen und Eruptionen des Magnetfeldes, die als Koronaler Massenauswurf (engl. CMEs) bekannt sind. Ursprünglich wurden sie in den 1970er Jahren entdeckt. Seitdem konnte gezeigt werden, dass sich ihre Frequenz zyklisch verändert: CMEs gibt es mindestens einmal in drei Tagen und maximal drei- bis fünfmal am Tag. Diese Ausbrüche können in Richtung Erde erfolgen und genau wie mit dem Sonnenwind steht es in Verbindung mit dem Erdmagnetfeld. Unter diesen Bedingungen können ernsthafte Folgen auf der Erde beobachtet werden; Erwärmung und Ausbreitung der Erdatmosphäre führt zu Veränderungen der Satellitenumlaufbahn. Diese realen Effekte der CMEs machen ihre Untersuchung unglaublich spannend, und es gibt im Moment eine Flotte von Raumsonden, die die Sonne und die Erde beobachten, um genau dieses zu tun.
Die Ursache der CMEs steht in Verbindung mit den Magnetfeldern der Sonne, die durch elektrische Ströme im Inneren der Sonne hervorgerufen werden, was als solarer Dynamo bekannt ist. Bündel starker Felder entstehen, treten durch die Photosphäre und dehnen sich in die Korona aus. Dieses magnetische Feld wird kontinuierlich in die Atmosphäre injiziert und man glaubt, dass die CMEs eine Möglichkeit dafür sind, diese zu entsorgen und einen zu starken Aufbau zu verhindern. Raumsonden wie SOHO, TRACE, STEREO und Hinode nehmen auf, wie sich die Struktur des Magnetfeldes über die Zeit verändert.
Die STEREO Mission besteht aus zwei Raumsonden, die die Sonne so umrunden, dass sie dabei etwas Abstand zur Erde im Weltraum einnehmen (eine Umlaufbahn befindet sich etwas dichter an der Sonne als die der Erde und eine etwas weiter entfernt). Das bedeutet, dass die beiden Saumsonden die Sonne von zwei verschiedenen Positionen im Raum sehen und wie unsere beiden Augen eine Wahrnehmung von Tiefe und eine Perspektive besitzen. So erhält man mit der STEREO Raumsonde einen 3D-Blick der austretenden magnetischen Strukturen (sieheBild). Der 3D-Blick ermöglicht es, die Physik der Eruption zu testen und auszuarbeiten, indem man die Kenntnis über die Struktur des Magnetfeldes benutzt. STEREO hilft außerdem dabei, diejenigen CMEs vorherzusagen, die mit der Erde kollidieren werden. Das Wissen kann von den Organisationen genutzt werden, die die Satelliten steuern oder die Elektrizitätsversorgung kontrollieren: zum Beispiel könnten die Umlaufbahnen besonders gut dann kontrolliert werden, wenn CMEs mit der Erde kollidieren werden.
Die Hinode Raumsonde ist das Äquivalent zum Hubble Space Telescope für die Sonne. Es erlaubt die Untersuchung der Entstehung der immensen atmosphärischen magnetischen Strukturen über die Zeit in hoher Auflösung. Man nimmt an, dass die einzige Möglichkeit, um so viel Energie zu erzeugen für die Milliarden von Tonnen von solarem Material, was eine CME ausmacht, in der Nutzung der gespeicherten Energie der verdrehten und deformierten Magnetfelder liegt. Hinode misst, wie verdreht das Feld ist und die Resultate werden mit den Daten von STEREO kombiniert. Wenn wir erst einmal CMEs verstanden haben, können wir anfangen, Vorhersagen darüber zu treffen, welche magnetischen Strukturen ausbrechen und welche schließlich den größten Effekt auf der Erde hervorrufen.
Der kontinuierlich wehende Sonnenwind und die sporadischen CMEs bedeuten, dass die Erde immer die Anwesenheit der Sonne spürt. Tatsächlich kann man sagen, dass wir uns in der Atmosphäre der Sonne befinden, welche sich in das Sonnensystem erstreckt. So wie die Grundlagenforschung, welche unseren heimischen Stern verstehen möchte, so wollen wir auch unseren Platz im Sonnensystem verstehen.
Web References
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w1 – Um mehr Informationen über das Internationale Heliophysikalische Jahr (2007-2009) zu erhalten, siehe:
http://ihy2007.org/ und www.sunearthplan.net